Das Märchenfrühstück

buffet
4. November 2015. Endlich ist es soweit! In Planung war das „märchenhafte Frauenfrühstück“ schon seit einem Jahr. Frau Forster wurde uns bei dieser glücklosen Bezirksversammlung empfohlen, während der keine Nachfolgerin für Frau Kuhn gefunden werden konnte. Da wurde das Jahresthema „LebZeiten“ vorgestellt und die Referentenliste gleich mit. Im Führungsteam einigten wir uns schnell auf die Märchenfrau aus Wörth, denn über Märchen hatten wir noch nie etwas im Programm. Dabei sind ausgemachte Märchen-Fans unter uns. Kunststück! Sind wir doch beinahe alle Mütter und/oder Großmütter.
platz
Doch Märchen sind nicht nur etwas für Kinder. Frau Forster stellte uns ihren Beruf und ihre Berufung vor. Einst wurde die Märchenfrau zu festlichen Anlässen eingeladen. Alle Generationen und Schichten hörten ihr zu, und so erzählte sie die Geschichten auch so, dass jede Schicht und Altersgruppe eine Erkenntnis, eine Weisheit für sich heraushören konnte. Wir durften uns natürlich über „Frauen-Märchen“ freuen. Und die hatten es in sich. Es war so still im Pfarrsaal, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können… oder die leisen Schnarchgeräusche von Frau Forsters Hündin Kissi, die sicher alle Märchen schon einmal gehört hatte und zu Frauchens Füßen selig schlummerte.
unscharf
Natürlich kannten wir alle das Märchen von der Gänsemagd. „Weh, weh, Windchen!“ und „Oh Fallada, der du da hangest…“ Aber die Erzählerin trug das Märchen nicht nur mit ihrer klaren, markanten Stimme, sondern auch mit lebhafter Gestik vor, so dass es für uns aufregend neu war. Sie scheute sich auch nicht, dem grausamen Ende der falschen Königstochter die Spitze zu nehmen. Als Märchenfrau hält man sich offenbar gewissenhaft an den Text, aber gestaltet ihn nach eigenen Schwerpunkten auch um.

Mir gefiel besonders das Märchen „Die kluge Bauerstochter“, wo Edeltraut Forster uns an das Herz legte, als Frau unbedingt auch Mutterwitz und „Bäuerinnen-Schläue“ zu pflegen, um das zu bekommen, was man innerlich immer erstrebt: Einen König oder einen Königssohn.
Die Hochzeit im Märchen hat die ureigene Bedeutung, dass ein Mensch voll erwachsen wird, da Tatkraft und Mut mit Empfindsamkeit und Rücksichtnahme eine Bindung eingehen. Die „Hohe Zeit“ menschlicher Reifung zu erlangen ist die Hauptaufgabe eines jeden Menschen. Solche Reifungswege zeichnet das Märchen vor.
„Die drei Spinnerinnen“ zeigten, dass nicht jeder alles können kann oder muss, was die Umwelt ihm vorschreibt. Es ist wichtig, auf sich selbst zu hören, seine eigenen Interessen und seine eigenen Fähigkeiten sensibel zu erkunden.
„Silberbaum und Goldbaum“ ließen ahnen, wie sehr jeder Mensch Freunde und Begleiter braucht, die im entscheidenden Moment für ihn da sind.
„Wie die Katze zu den Menschen kam“, führt entspannt vor, wie jeder so lange sucht und Irrtümer in Kauf nimmt, bis er seinen Platz gefunden hat, seine Welt, sein Herdfeuer. Und der Wolf schließlich heulte die Frage aller Fragen in den Saal: „Wooooooo ist die Seele?“

Nachtrag: Frau Forster kann man als Märchenfrau zu Veranstaltungen buchen. Sie erzählt auf Geburtstagsfeiern, Jubiläen und anderen Anlässen. Sie bietet auch Workshops an für diejenigen, die selbst gerne erzählen möchten und dazu Ermutigung und Anleitung suchen, zum Beispiel in Johannisthal.